Johann Strauß wurde zum Meister der Wiener Unterhaltungsmusik: Obwohl er zunächst heimlich musizierte und sich erst gegen seinen dominanten Vater durchsetzen musste.
Johann Strauß – was für ein klingender Name. Wer schon einmal das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker gesehen hat, denkt vielleicht an den herrlichen Walzer „An der Schönen Blauen Donau“, der dort zu hören ist. Den Donauwalzer hat Johann Strauß Sohn geschrieben, um den es in diesem Artikel geht. Der Radetzkymarsch, der traditionell den Abschluss des Neujahrskonzerts bildet, ist von seinem gleichnamigen Vater – dem dominanten Gründer der Komponistendynastie, die mit Tanz- und Unterhaltungsmusik die Welt eroberte. Talentiert war die ganze Familie – doch „Schani“ überflügelte alle. Bevor er die Musikgeschichte nachhaltig prägte, musste er sich aber aus dem Schatten seines Vaters befreien.
Johann Baptist Strauß, geboren am 25. Oktober 1825 in Wien, ist das älteste von sechs Kindern, darunter drei Brüder. Der Vater ist Musikunternehmer, Kapellmeister, k. k. Hofball-Musikdirektor und seit seinem „Kettenbrücken-Walzer“ 1827 ein Star. Er gründet ein Orchester und reist durch die Welt. Alles walzt, galoppiert und quadrilliert nach seinem Taktstock. Nur Sohn Johann soll ein braver Beamter werden, so schreibt er es vor. Mutter Anna Streim allerdings, die dem Gatten seine Seitensprünge übel nimmt, lässt Johann heimlich Geigen- und Musikunterricht nehmen.
Große Karriere als Komponist nach dem Tod des Vaters
Als der Vater die Familie verlässt, um zu einer jüngeren zu ziehen, beginnt Johann bereits erste Konzerte zu spielen. Er muss Geld für die Familie verdienen. Schon sein erster Auftritt im Casino Dommayer am 15. Oktober 1844 im Wiener Vorort Hietzing wird ein Riesenerfolg. Tourneen führen ihn dann mit seinem eigenen Orchester durch die Monarchie. Als der Vater 1849 stirbt, fusioniert er die zwei Strauß-Orchester. Jetzt gibt es nur mehr einen Strauß, beziehungsweise drei. Seine Brüder Eduard und Josef komponieren und spielen auch mit. Aber bald wird man nur noch an ihn denken, den Komponisten und Dirigent, wenn es heißt: Der Walzerkönig kommt.
In der feinen Gesellschaft war der Walzer bis ins frühe 19. Jahrhundert verpönt, weil viel zu eng getanzt wurde und diese Weiterentwicklung des Ländlers aus dem bäuerlichen Milieu stammte. „Dennoch schaffte es der Walzer zum beliebtesten Tanz aufzusteigen“, erklärt Elisabeth Albrecht, Leiterin der Musikvermittlung im Haus der Musik. „Das aufstrebende Bürgertum ahmte die adeligen Bälle nach und machte dabei den Walzer zu seinem wichtigsten Tanz – mit rauschendem Erfolg. Auch die Adeligen bekamen bald Lust Walzer zu tanzen.“ Wien wurde die erste Stadt, in der das sogar bei Hof gestattet war. Nur in Gegenwart des Kaisers blieb Walzertanzen noch lange verboten.
Nicht reiselustiger Popstar mit Orchester
Strauß war nicht nur ein genialer Komponist, mit Raffinesse, Witz und viel Gespür, er war auch ein Pionier in der Entwicklung der Orchestrierung und Gestaltung von Konzerten. Seine Werke verkörperten die Eleganz und Leichtigkeit des Wiener Lebensstils. Sein Schaffen umfasst über 500 Werke, darunter Walzer, Polkas, Märsche, Quadrillen, Galopps – und Operetten.
Immer wieder finden sich auch aktuelle Bezüge in den Strauß-Walzern. Das berührte das Publikum. Der Eisenbahnlustwalzer, in dem das rhythmische Geräusch des Dampfkessels der Lokomotive zu hören ist, stammt vom Vater. In der „Bahn frei“ Polka von Bruder Eduard ertönt zu Beginn des Stücks das Pfeifsignal der Bahn. Johann selbst war wenig reisefreudig. Wenn er wieder einmal wohin musste, und die Eisenbahn über eine Brücke oder durch einen Tunnel fuhr, warf er sich im Waggon flach auf den Boden.
Doch die Zeit war reif, und die Musik zu gut: Die Strauß-Brüder eroberten mit ihrer Musik die Welt im Sturm. „Der Erfolg liegt vermutlich auch im perfekten Management. Wir sprechen hier von einem florierenden Wirtschaftsunternehmen, das weltweit agierte“, sagt Albrecht. Johann Strauss Sohn war ein „Popstar“ des 19. Jahrhunderts. Beim Weltfriedensfest in Boston 1872 spielte er mit 20 Subdirigenten vor 100.000 Menschen.
Pudel-Locken für die Frauen
Seine weltweiten Tourneen, nach Russland, durch Europa oder in die USA, sorgten auch immer wieder für Schlagzeilen in der Klatschpresse. 1850, auf dem Weg nach Warschau, sollen die Musiker für Spione gehalten und in einen Schweinestall gesperrt worden sein. Angeblich sind sie erst auf persönliche Intervention der Zarin Maria Feodorowna frei gekommen, der Johann Strauss Sohn dann die für das Gastspiel komponierte „Warschauer Polka“ widmete. Eine wahre Geschichte oder gutes Marketing? Fakt ist, dass Johann Strauß ein Frauenheld war, der gut aussah. Er färbte sich die Haare. Recht oft baten ihn seine Liebschaften, wie damals üblich, um eine Haarlocke. Angeblich soll er sie von seinem Pudel abgeschnitten haben, der auch schwarzhaarig war.
Johann Strauß war bei den Herrschenden des Wiener Hofes sehr beliebt – bis er sich als Sympathisant der Revolution von 1848 zeigte, indem er den Freiheitslieder-Walzer und den Revolutions-Marsch komponierte. Erst 1863 wurde er dann von Kaiser Franz Joseph zum k. k. Hofball-Musikdirektor ernannt. Er leitete nun bis 1871 alle Hofbälle. In dieser Zeit komponierte Strauss nur Tanzmusik. Danach begann er Operetten zu schreiben. Besonders bekannt wurden „Die Fledermaus“ und „Der Zigeunerbaron“.
Johann Strauß war dreimal verheiratet, blieb aber kinderlos. Seine erste Frau, Henriette, war ein paar Jahr älter als er, die zwei anderen rund 30 Jahre jünger. Seine letzte Frau Adele managte, ebenso wie Henriette, ihren Mann und trug so einiges zum Erfolg der Strauss-Dynastie bei.